Die Wiesenbaude ist die älteste Baude auf dem ganzen Kamme des Riesengebirges. Den Namen trägt sie deshalb, weil sie sich inmitten einer ausgedehnten Hochebene, der sogenannten Weiße Wiese, unweit der einen Elbequelle, dem Weißwasser, erhebt. Sie wurde einst von böhmischen Exulanten hier am Schlesischen Weg, der Böhmen mit Schlesien verband, als einfache Unterkunft erbaut.

Das einfache Blockhaus vor 1625 ragt mit seiner Geschichte in die Sage hinein, in welcher das älteste menschliche Thema der Liebe und der Glaubenskampf der damaligen Zeit den Stoff gestalteten.:

Ein Graf, dessen Besitzungen am Fuße des Riesengebirges gelegen waren, hinterließ nach seinem Tode, sein Vermögen seinen zwei Söhnen. Bald kam es zum Streite, der in leidenschaftlichen Hass ausartete; infolge dessen musste der schwächere Bruder bald das Feld räumen; er konnte sich nur durch Flucht den Verfolgungen seines Bruders entziehen.

Die unwirtlichen Gegenden des Riesengebirges boten ihm einen Zufluchtsort. Todmüde und krank kam er in der Nähe der jetzigen Wiesenbaude an, und baute sich mühselig gegen die Unbillen des Wetters eine kleine Hütte aus den umherliegenden Steinen. Schwerkrank sah er hier dem Tode entgegen. Der stärkere Bruder verfolgte in seinem leidenschaftlichen Zorne seinen Bruder bis da herauf. Der Zustand des Kranken flößt ihm Mitleid ein; er reicht ihm versöhnt die Hand. Mit großer Mühe wird der Kranke zu Tal gebracht, wo er seine Gesundheit wieder erlangt.

Zum Andenken beschließen die Brüder, an Stelle der kleinen Hütte eine größere zu bauen, damit sie dem Wanderer bei schlechtem Wetter eine Zufluchtsstätte sei.

Schon verhältnismäßig zeitig muß die Wiesenbaude auch im Winter eine Stammbesatzung gehabt haben. W. Christian Weiß erzählt in seinen "Wanderungen in Sachsen und Schlesien" (Leipzig 1796), daß die Wiesenbaude im Winter einen Viehstand von 17 Kühen und 12 Ziegen, im Sommer mehr als den doppelten hatte.

Er schreibt weiter: "Man sieht überall Wohlhabenheit und in wirtschaftlichen Dingen sogar Überfluß in ihr. Der Wirt war eben im Begriff, in ein böhmisches Städtchen zum Jahrmarkt zu reisen, und wir sahen ihn dazu eine weiße Weste von gutem Sommerzeug mit bunter Kante und einen ganz städtischen Rock anlegen."

Im Jahre 1625 wurde sie nach einem Brand neu aufgebaut und dazu wurde auch ein "Sommerhaus" errichtet.

Die Wiesenbaude galt schon in jenen Tagen nicht nur als alte, sondern auch als reiche Baude, und als in der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Kraft des Weißwassers, arbeitend im sogenannten "Buttergewerke", ausgenützt wurde, geriet durch diese technische Tat die Baude in vieler Leute Mund und lockte immer mehr Besucher. Manch einer ergötzte sich daran, wie die findigen Wirtsleute sogar die Wiege durch das Weißwasser treiben ließen.

Als nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges die Sankt Laurentius-Kapelle auf der Koppe in den Jahren von 1668 bis 1681 erbaut wird entdecken Zimmerer, so erzählen zeitgenössische Berichte, zu ihrem Erstaunen in der grenzenlosen Einsamkeit der weißen Wiese eine Baude, in welcher die "Renne-Leute" hausen.

Die Wiesenbaude war nicht nur Pilgern und Wanderern ein Ziel sondern auch Künstler,Schriftsteller wie Maler, kehrten hier ein. Vielen Naturforscher diente sie als ein wichtiger Treffpunkt und sie wurde auch für meteorologische Beobachtungen benutzt.

Theodor Körner, der zu seinen Zeiten das Rübezahlgebirge nicht nur wegen seiner landschaftlichen Schönheiten schätzte, sondern sein Herz so beiläufig in der Alten Schlesischen Baude verloren hatte, war nach einem alten Gästebuch am 21. September 1809 Besucher der Wiesenbaude, und es dürfte nicht ausgeschlossen sein, daß auch Ludwig Richter wie Caspar David Friedrich, die uns Riesengebirgsbilder jener Zeit schenkten, die bekannte Baude am Fuß des Brunnberges besuchten.

Herloßsohn, ein Wanderer aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, schildert 1849, daß er zu seinem Erstaunen den gewaltigen Kachelofen der Wiesenbaude mitten im Juli geheizt fand. "Landleute aus Böhmen, Handwerksburschen, Bergwanderer, Führer überfüllten die geräumige Wirtsstube. Obgleich viel Wäschezeug um den Ofen hing und sehr viele Pfeifen dampften, was einen unangenehmen Dunst verbreitete, ward uns doch bald wohl auf behaglichem Sitz an einem Extratisch in der Wärme bei einer Labung von Forellen, Wein, Eierkuchen, Koppenkäse. Auch fehlte lustige Musik von Geigen, Clarinetten und Brummbaß nicht."

Um das Jahr 1820 war der Besitz in das Eigentum eines weiteren Renner übergegangen, der 1833 das alleinstehende Sommerhaus infolge stetig wachsenden Besucherstromes um einen umbauten Verbindungsgang zum Haupthaus erweiterte. Von den Handwerkern wurde folgende Inschrift hinterlassen: "Erbaut in diesem Jahr, da die "Wahrheit noch Teuer war. Dieses Haus stehet in Gottes Hand beim Augustin Renner wird es genannt. Anno 1833"

In dieser Familie blieb der Besitz bis in den Anfang der Sechziger Jahre. Jakob Renner, der tüchtige Wiesenbaudenwirt, schon einige Jahre im Ausgedinge lebend, findet unterhalb der Kapelle am Paßsattel zwischen Brunn- und Hochwiesenberg im Schneesturm den Bergtod, fast an der gleichen Stelle, wo 1798 sein Oheim beim Holzfahren tödlich verunglückte. An ihn erinnert heute ein aufgestelltes einfaches Metallkreuz.

Die Wiesenbaude wurde mehr und mehr zu einem wichtigen Zentrum der Wirtschaft. Im Jahre 1856 übernahm die Bewirtschaftung ein Wenzel Hollmann der die Baude wesentlich der Anpassung der touristischen Bedürfnisse weiter umbaute.

Zu der Wiesenbaude gehörten über 100 Hektars der Wiese und der Weiden und auch Viehzucht, mit Kühen und Ziegen. Das Vieh weidete zusammen mit dem Vieh aus Renner und Scharfbaude. Es wurde auch Stroh gesammelt, das dann als Bett den Wanderern diente. Die Wiesenbaude war auch dank ihrer landwirtschaftlichen Produkte berühmt, besonders dank der Kräuterbutter.

Als Wenzel Hollmann im Jahre 1869 die sogenannte "Wasserradstube" umbaute um das Wasser der Weißen Elbe zum Lauf der Haushaltgeräte zu verwenden stieß der Spaten auf einen Stein, der, grob behauen und mit der eingemeißelten Jahreszahl 1623 versehen und sich somit als sichtbarster frühester Zeuge der alten Wiesenbaude entpuppte.

Denn dieser Findling dürfte aus dem steinernen Fundament stammen, auf dem nach dem Brande im Jahre 1625 die Keimzelle der heutigen Baude im Angesicht der Koppe erwuchs.

1875 verkaufte Johann Hollmann, Sohn des Wenzel und Besitzer des Hotel's "Wiesenhaus" in Spindelmühle, die nun wesentlich aufgestockte Baude an Christoph Häring einem Botankerfreund ein Jahr nach der Erweiterung. Zehn Jahre später erwerben sie die Gebrüder Bönsch, die aus der Wiesenbaude, nicht zuletzt mit dem rasch aufblühenden Wintersport als Helfer, die "Wiese" zu der "kleinen Stadt" auf dem Kamme machten.

Sie haben auch die Scharfbaude gekauft, mit ihrer Bäckerei und Viehzucht. Bis zum Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945 war die Wiesenbaude im Besitz dieser Familie.

Um 1896 florierte dann bereits gewinnbringend die Gastwirtschaft und man bot dem Wanderer schmackhafte Suppen, gedünstete Forellen, Eierkuchen und Wein an. Wenn man zu müde war weiter zu wandern konnte man auch schon preiswert in einem Federbett übernachten.

Im Jahre 1914 haben sie die Wiesenbaude mit 100 Zimmern zu der größten Baude des Riesengebirges umgebaut.

Am 2.Oktober, nach dem Münchner Abkommen, bei dem Rückzug der Tschechoslowakischen Armee von den Grenzen, wurde sie niedergebrannt. Der Tschechischen Meinung waren für das Feuer die Deutschen Truppen verantwortlich, auf der anderen Seite sagten die Deutschen, das es die Tschechoslowakische Armee war. Diese Version wurde als offiziell anerkannt und die Besitzer, die Familie Bönsch haben als eine Entschädigung 1 560 000 Reichs Mark erhalten.

Wegen der strategischen Lage wurde sie danach sofort neugebaut und renoviert,wie zum Beispiel ein neues Dach, die Heizungsanlage, moderne Zimmer und eine komfortable Küche. Bei diesem Projekt hat der berühmte Architekt Ludwig Stigler geholfen und sie geführt. Alle ursprünglichen Plänen kann man im Landgericht in Hohenelbe finden.

Die Baude war der Stolz des Deutschen Reiches und seiner Fertigstellung im Jahr 1940 in der Zeit des Ostern in der gesamten Region gefeiert. Sogar der Partei-Funktionär Konrad Henlein selbst ist zur Eröffnung gekommen.

Die Baude war für die deutschen Touristen luxuriös ausgestattet und hat zu der Zeit alles angeboten. In der Baude gab es ein Lesesaal, Spielzimmer, Ski-Service, Wäsche-und Trockenräume. Bis zum Ende des Krieges wurde die Wiesenbaude als Ausbildungszentrum der Wehrmacht verwendet, die Kursen der deutschen Luftwaffe und hier wurde auch die Hitlerjugend untergebracht.

In der "Wiese", wie die Baude kurzweg im Mundgebrauch der Gebirgler genannt wurde, trafen sich die Zünftigen Sommer wie Winter. Zum immerwährenden Treffen der Gleichgesinnten und Gäste ließen Musiker die Zither erklingen, während auf enger und engster Tanzfläche die Paare in der rauchdurchwölkten Luft zu tanzen versuchten.

Derweilen flammte vom höchsten Punkt der mehrere Stockwerk hohen Baude das starkkerzige Blinkfeuer durchs tobende Wetter, das denen, die noch unterwegs waren, den Weg zur Baude wies. Den Strom für diese Anlage und die gesamte Baudenbeleuchtung lieferte ein eigenes Elektrizitätswerk, das von der Kraft des jungen Weißwassers, die einst auch das "Buttergewerke" in Bewegung setzte, getrieben wurde.

Unsere Bauden in Rübezahls Reich waren, das mag der kurze kulturgeschichtliche Aufriß skizziert haben, Kristallisationspunkte deutscher Kolonistenarbeit und gemütlicher, herzlicher Lebensfreude in dem Heimatgebirge, in welchem sich die Weichheit des Südens mit der Wetterhärte des Nordens trefflich band. Wie magnetisch zogen diese Bauden Wander- und Winterfreunde an.

Alles vorbei ... alles vergessen?