Der Zentralpunkt und die höchste Erhebung im westlichen Teil dos böhmischen Riesengebirges ist die 1434 m hohe Kesselkoppe,welche die gesamte Lage der als Luftkurort und Wintersportplatz besuchten Marktgemeinde Rochlitz a. d. Iser (600—1260 m) beherrscht und in alten Grundbüchern „Rochlitzer Schneeberg" genannt wird.

Ihre kahle Bergkuppe bietet eine der großartigsten Fernsichten südlich weit nach Böhmen hinein, wo man all die zahlreichen imposanten Basaltkegel und Sandsteinplatten der nördlichen Hälfte des Landes bis zum Lausitzer Gebirge mit einem Blick überschauen kann.

Nicht weniger reizvoll ist die Aussicht auf die Nähe auf das malerische Talbecken von Rochlitz sowie andererseits auf die „Sieben Gründe" und den östlichen Teil des Riesengebirges, aus dem der Kegel der Schneekoppe majestätisch emporragt. Am südöstlichen Rand der Bergkuppe gähnen dem Besucher zwei tiefe Schluchten entgegen: die Kesselgruben.

In der Eiszeit waren diese für die landschaftliche Physiognomie des Riesengeblrges charakteristischen Hohlkessel das Lager eines machtigen Gletschern, der 2,5 km nach Süden reichte. Wie bei den Schneegruben handelt es sich also auch bei don Kesselgruben um ein früheres Gletschergebiet, das botanisch und geognostisch merkwürdig ist.

Die östliche größere der beiden Gruben ist die Interessantere, einmal wegen ihrer tief hinabreichenden,von Erde entblößten Glimmerschieferplatten am fast senkrechten Grubenrande,zum andern wegen ihrer reichen Flora, denn sie zählt zu den wichtigsten Pflanzengebieten dos Rlesengebirges und wurde deshalb in früherer Zeit viel von Botanikern aufgesucht.

Ihr entquillt in 1036 m Höhe der Kesselgraben (Kerksch), welcher den Ursprung der Kleinen Iser bildet. In der Kleinen Kesselgrube die im Grunde ebenfalls eine reiche Vegetation besitzt, steigt der "Rübezahlweg" in Serpentinen aufwärts der über die Rochlitzer Hofbauden nach Harrachsdorf-Neuwelt führt. Bei einer Bank konnte man von diesem Wanderweg auf schmalem Pfad ein Stück in die Große „Kesselgrube" hineingehen.

Der Wasserlauf dort bietet eine Kletterpartie, die um so schöner wird, je höher man in der Grube hinaufkommt, allerdings ist auch immmer mehr Vorsicht im Tritt erforderlich. Auch ist das Klettern hier verboten, da ja die Gruben Naturschutzgebiet sind und das Verlassen der markierten Wege nicht gestattet ist.

Im oberen Teil des Felsgrates, welcher die beiden Gruben voneinander trennt, befindet sich ein alter Bergstollen. Der „Rübezahlweg" in der Kleinen Kesselgrube windet sich an der Baumgrenze steil hinan zum Vogelherd (1270 m) am Rücken des Koschelkammes und führt dann, oberhalb der Baumregion sich abwärts senkend, zu den Rochlitzer oder Sahlenbâcher Hofbauden (1200 m) mit dem früheren grafl. Harrach'schen Gasthof „Zur Hofbaude", der seit 1921 im staatlichen Besitz war.

Am nördlichen sanften Abhang der Kesselkoppe befindet sich eine aus Felsblöcken aufgemauerte Einfriedung, welcher sagenhafte, sternförmige Steinwall „Rübezahls Rosengarten" genannt wird. Die Sage schreibt seine Entstehung einer Gräfin Rosa Harrach zu, die diesen Punkt angeblich zu ihrer Lieblingsrast ausersehen hatte.

Bei dieser Einfriedung ist Wegteilung. Durch Stangen bezeichnet führt der gerade Weg auf der Höhe über die Naworer Wiese zur sogen. Tafelsteinplatte (1400 m) an der Landesgrenze, wobei man links nach der Mummel hinabblickt, von welcher der „Harrach'sche Reitweg" heraufkommt, der unseren Weg schneidet und rechts über die sanft geneigten sumpfigen Abhänge der Pantschewiese zum Pantschefall geleitet.

Weiterhin geht es zum Elbfall, wobei man die Elbwlese überblickt. Folgt man von der Wogteilung bei der Kesselkoppe dem mehr östlich verlaufenden Weg, so mündet in diesen ein Weg, der über die Elbquelle nach dem Hauptkammweg zieht.

Auf beiden Hochflächen, der Elb- und Pantschewiese, wächst die nordische Multebeere, Rechts (westlich) schließt sich an die Kesselkoppe der breite Rücken des Kahleberges (1343 m) und der Plechkamm (1196 m) an, während links (östlich) von der Bergkuppe sich der schmale, 2 km lange Rücken des Korkonosch (1419 m) erstreckt,der mit dem Schüsselberge oder Bärhübel (1237 m) in einem steilen Abhange jäh zur Elbe abbricht.

Auf dem „Görlitzer Weg" gelangt man auf den Bergrücken des Korkonosch, an dessen Ende zu einer mächtigen Felsmasse, den Harrachsteln (1410 m), auch „Kesselstein" und "Großer Grubenstein* geheißen, der bereits am oberen Rande der Kesselgruben steht, die hier mit ihrer wilden Umgebung an die Agnetendorfer (Schwarze) Schneegrube erinnern.

An der Felsmasse vorbei erreicht man auf dem Weg in einer halben Stunde den Gipfel der Kesselkoppe. Eine Gastbaude besitzt die markante Bergkuppe nicht, auch keinen Aussichtsturm, obgleich der Bau eines solchen schon vor dem ersten Weltkrieg geplant war.

Die nächstgelegenen Einkehrstätten für die Bergwanderer waren der erwähnte Gasthof "Zur Hofbaude", die Elbfallbaude (1284 m) und die Gasthäuser in den oberen 8ch0sselbauden (1050 m). Eine schöne Federzeichnung von der Hofbaude enthält das Werk von Ludwig Loewe „Schlesi- sche Holzbauten" (Werner-Verlag, Düsseldorf 1969). Wir lesen dort:

Am Südhang des Riesengebirges, unterhalb der 1434 m hohen Kesselkoppe und der Elbe-Quelle gelegen, bietet diese schön gestaltete Baude dem Wanderer Schutz und Unterkunft. Ihr schlichter holzversohaltor Baukörper schmiegt sich, gleichsam Schutz suchend, bergseitig mit dem weitausladenden, abgewalmten Dach in den Wiesenhang.

In den Höhenlagen über 1000 m hat sich das Holz, das hier als Schindel die Dachflächen und als Schalung die Schrotholzwände bekleidet,im Vergleich zu allen anderen Baustoffen vortrefflich bewährt. Vor allem leistet es den kalten und feuchten Winden dos Riesengebirges mit ihrem starken Rauhreif Widerstand."

Die zu Rochlitz an der Iser gehörende und in herrlicher Lage am Wolfskamme stehende Hofbaude wurde 1707/1708 durch die Familie Schier gegründet. Die sogenannten Sahlenbacher Hofbauden lagen sehr zentral im westlichen Riesengebirge.

1893 brannte die Baude ab und die Brandstelle kaufte Graf Harrach.Nach der Grundstücksreform 1921 wurde die Hofbaude an eine tschechische Familie verpachtet.Einer der bekanntesten Gäste war Eduard Benes der die Vertreibung der deutschen mit organisierte.

Erwähnung verdient auch noch die ehem. einsame Kesselhofbaude (1000 m),die auf weitem, grünem Wiesenplan zwischen den Mittel-Schüsselbauden und den Kesseigruben am „Rübezahlweg" stand. Diese war zu Anfang des 19, Jahrhunderts die größte Baude des Riesengebirges und mit einer der ältesten dos Gebirges.

Ehedem diente sie mit zwei anderen, zur Aufnahme von über 80 Rinder und 30 Ziegen der herrschaftlichen Meierhöfe. wirtschaftlich bedeutsame Kesselbaude der Herren von Harrach die 1910 abgebrannt ist.

Später wurde die riesige Bauden Wirtschaft verkleinert, da die Stallfütterung mehr und mehr die Gebirgsweidehaltung überging. Danach diente die Gebirgsbaude nur noch als Forstwärterwohnung. Es war besonders im Winter ein harter Dienst für den Förster von da sein ausgedehntes Witkowitzer Revier zu begehen. Einige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg brannte sie ab; ihre Brandstätte ist noch sichtbar.