Zwischen dem Isergebirge im Westen und dem Waldenburger Bergland im Osten reiht sich das Riesengebirge, tschechisch auch Krkonossy Hory, übersetzt Halsträger-Gebirge, dem langen Zuge der Sudeten ein.

Es steht im Süden über dem Hirschberger Tal wie ein Wall, in seiner Geschlossenheit vom Reifträger bis zum Forst- und Landeshuter Kamm eine Ganzheit besitzend, wie sie kaum irdenein anderes Gebirge aufweisen kann.

Auch wenn es nur ein kleiner Teil jener großen Gebirgskette ist bildet es zugleich dessen höchsten Teil der Sudeten und somit nach den Alpen und den Karpaten die dritthöchste Bergkette Mitteleuropas.

Erblickt man das Riesengebirge aus den flachen Gegenden von Schlesien und Böhmen so hat man den unbedingten Eindruck eines hervorragend schönen Naturbildes. Es erscheint als eine blaue, mit einzelnen erhabenen Gipfeln geschmückte Wand, welche sich in der oben angegebenen Erstreckung am südlichen Horizont hinzieht, ohne dass man eben die weiteren einzelnen Teile derselben genau zu unterscheiden vermöchte

Ganz noch von ferne bezaubert zunächst die reine blaue Welle des Profils. Wie ein großer Klang schwebt die geschwungene Kammlinie über allem und fließt in größter Anmut rhythmisch dahin.Als sollte markiert werden, dass man nicht eine mehr oder minder lose Berggruppe vor sich hat, sondern ein wirkliches "Gebirge" als geschlossene Naturform

Es ist sehr selten, dass eine so große Erhebung wirklich diese klare Profillinie aus sich selber besitzt und nicht erst als perspektivische Täuschung durch Zusammenschieben entstehen lässt. Der Sockel wird von schwarzen Fichtenwäldern und smaragdgrünen Tälern umgürtet.

Die Zinnenkette dieses mächtigen einst deutschen Mittelgebirges erstreckt sich mit seinem etwa 38 km langen Hauptkammvom Liebauer Paß (566 m) nahe der Boberquelle bis zum Harrachsdorfer Sattel an der Quelle der Queis und dem Proxenpaß (888 m) / Jakobstal oberhalb von Oberschreiberhau in einer Breite von 23 km entlang, so daß es im ganzen gegen 1110 km² umfaßt. Die durchschnittliche Kammhöhe beträgt 1300 m. In der Schneekoppe im Süden, dem höchsten Gipfel im Riesengebirge, ragt es bis 1603 m empor.

Steile, geröllübersäte Schluchten des Melzergrundes, der Schneegruben, des großen und kleinen Teiches, geben den Wallgraben her für eine gewaltige granitne Riesenmauer die sich in dunkler Bläue vom hellen Hintergrund des Himmels abhebt und den Namen des Gebirges rechtfertigt und die nach Preußen hin steil abfällt als wolle sie Böhmen schützen gegen die nordischen Sturmgewalten.

Markant heben sich von West nach Ost die emporragenden Hochgipfel: der Reifträger (1350 m), das Hohe Rad (1509 m), die Große Sturmhaube (1424 m), die Kleine Sturmhaube (1369 m) und bilden zugleich die Wachtürme.

Die Schneegruben, das Hohe Rad, die beiden Sturmhauben, die steile Wand über dem Großen und Kleinen Teich und als höchstes die wunderbar in ihrer Form ausgeglichene Schneekoppe, das Wahrzeichen Schlesiens - alles grüßt herüber und lässt den Schauenden lange hier oben stillstehen.

Überhaupt gewährt die Nordseite des Gebirges aus bedeutender Ferne den großartigsten Anblick.Denn unter den hier befindlichen felsigen Schluchten sind die des Kleinen und Großen Teiches aus denen die Lomnitz abfließt und vor allen die großartigen Felsenschluchten und Kessel der Kleinen und Großen Schneegrube am Hohen Rad sowie die Agnetendorfer Schneegrube zu nennen, in deren Tiefe sich dauernde Schneeflecke erhalten.

Nordöstlich von der Schneekoppe folgt dann der Forstkamm mit der Schwarzen Koppe (1349 m), weiterhin der Schmiedeberger Kamm, an welchen sich nordwärts bis zum Bober der Landeshuter Kamm anschließt, während der Hauptkamm hier einen Bogen nach S. macht und als R. im Kolbenberg östlich von Kleinaupa endigt.

Während auf schlesischer Seite zum weiteren Riesengebirge der Hirschberger Talkessel bis zum Bober-Katzbach-Gebirge zählt, verläuft mit dem Hauptzug parallel, durch ein unterbrochenes Längenthal davon getrennt, im Süden der Böhmische Kamm. In der Mitte durchbrochen durch die tiefe Talschlucht der Elbe,die sog. Sieben Gründe.

Auf der hoch gelegenen und ausgedehnten Mulde der Elbwiese im Westen entspringt die Elbe, welche bei dem Hinabstürzen in den tiefen Elbgrund den Elbfall bildet, während sich im Osten davon auf der "Großen Weißen Wiese" das Weißwasser sammelt.

Von Böhmen,dem einstigen Sudetenland, aus gewinnt man ebenfalls eine der schönsten Längen - Ansichten des Gebirgs auf der ganzen Linie vom Döbereiner Berge bis zum Berge Tabor.

Diese Ansicht hat darum einen so eigentümlichen Reiz, weil hier der Hochgebirgskamm sich aus sanften Höhen zu immer höher ansteigenden Bergen erhebt, auf welchen die Kolosse des Kammes (Brunnberg 1560 m,- Ziegenrücken und Krkonosch / Kesselkoppe(1434 m),und Schwarzenberg (1299 m) seine langen, geschwungenen Linien vorteilhaft unterbrechen.

Eine liebliche Waldeinsamkeit, durchschäumt von grünweißen Bächen, löst hier die Felsendämonie der Nordkette ab. Nur die mächtige Aushöhlung des Riesengrundes, des Elbgrundes, des Grundes an der Kesselkoppe wiederholen die gewaltigen Bilder der preußischen Seite.

Das Riesengebirge hat ja geologisch unendlich viel durchgemacht. Tiefe Kessel und Schründe zeugen von einstiger Gletschertätigkeit,wie der mächtige 400 m tiefe Riesengrund und die Kesselgrube an den Südhängen, die Große, die Kleine und die Agnetendorfer Schneegrube an den Nordhängen.

Viele Jahrtausende der Wetterkämpfe haben das graugranitne Urgestein des Kammes zu wunderlichen Steingruppen, memnonsäulenhaften Figuren gebildet und den Kamm im ganzen um 200 Meter gegenüber dem Schneekoppenkegel erniedrigt, der aus dem widerstandsfähigeren Glimmerschiefer besteht.
In einer Schneegrube zeugt ein Stück Basalt von einstiger vulkanischer Tätigkeit.

Gletscher von ungeheurer Ausdehnung haben ihre Ablagerungen vor sich hergewälzt, die Hänge mit abgesprengten Steinblöcken bedeckt, den Moränenschutt vorgetrieben, auf dem sich nordische Wiesenpflanzen ansiedelten, Hochtäler oder Vorberge sich bildeten. In unablässig geduldiger Wasserarbeit sind die tiefen steilen Grundtäler eingekerbt worden, die als edelsteingrüne Furchen die Sohle des Gebirgsstockes durchziehen.

Gerundet und geschliffen von den Jahrmillionen der geologischen Entwicklung erheben sich die mächtigen Steinrücken des Brunnberges, der Schwarzen Koppe, des Silber- und Mädelkammes, des Kleinen und des Hohen Rades, der Goldhöhe, der Kesselkoppe und des Reifträgers. Dazwischen ziehen die scharfen Grate des Riesenkammes und des Ziegenrückens, des Halsträgers und des Theresiensteiges. Daneben liegen Anmut und Lieblichkeit allüberall gebreitet

Noch in historischer Zeit lag die Baumgrenze nachweislich einmal so hoch, dass der Wald auch über die heutige ganze Nacktzone ging. Dass wir aber heute seine Konturen und Kontraste überhaupt so prachtvoll als Einheitsbild von unten erfassen können, verdanken wir wesentlich der nachträglichen geologischen Kesselsenkung oder Ausräumung des Hirschberger Tales selbst, die wohl ganz erst in die Tertiärzeit fiel

Das "gigantische Gebirge" wie das Riesengebirge auch genannt wird, bildete Über Jahrhunderte einst eine Grenzkette zwischen dem Königreich Böhmen und dem Herzogtum Schlesien wobei in Ansehung des Herzogtums Schlesien dieses Gebirge auch als das "Sudetische Gebirge" bezeichnet wurde.

Einst verlegten die alten Germanen wohl dieser erhabenen und ehrwürdigen Physiognomie,den Wohnsitz ihres Götterschlechtes hierher und nannten es das Asengebirge.Was sie wohl sonst noch bewogen haben mag hierher wo der Winter in den oberen Höhen acht bis neun Monate dauert und die wenigen vier Sommermonate ganz das Gepräge des Frühlings tragen bleibt deren Geheimnis