Das schöne an unserer Riesengebirgslandschaft ist ja nicht nur das Gebirge mit seinen vielen Gipfeln, die so wohlklingende Namen tragen wie Reifträger, Sturmhaube und Hohes Rad sondern auch das urtümliche Waldgebiet - der Hofelbusch - am Fuße des Rehorngebirges mit seinen wundervollen alten Buchenwäldern gehört dazu.
Denn wer im Gebirge wandert und nach Stille, nach besinnlichem Naturerlebnis verlangt, den zieht es nach dem Rehorngebirge hin. In dessen grüner Pracht kann man irgendwo eintauchen, um meilenweit und stundenlang von ihnen gehalten zu werden
Kein Menschenlaut dringt hier herauf, nur das sanfte ab- und anschwellende Wipfel
rauschen, das traumversunkene Raunen der Wälder geht ohne Unterlaß.
Die Bäume der Nähe, die einseitig gekämmten, die zerzausten, die trotzig sich behauptenden Wetterfichten, sie sprechen auch in der Ruhe eines selig verklingenden Abends die Sprache des Sturmes.
Die knorrigen und krummen Buchenstämme zeugen von ihren alljährlichen Kampf mit dem Sturm und Rauhfrost,der alles mit einer dicken Eisschicht überzieht.
Aber wer wollte mit wenig Worten die Vielfalt dieses zeitlos wesenden Wald- und Wiesengebietes kennzeichnen?
Wielviel Geheimnis dämonischer Macht, wieviel kaum ergründete Eigenart umhegt es!
Besonders im Herbst oder bei nebligen Wetter sind sie einen Spaziergang wert.
Schon das Vorkommen dieser Buchen in dieser Höhenlage ist überraschend und einmalig. Und hat man Glück, dann kann man das Gebirge auch schon mit dem ersten Schnee bewundern. Es ist dann wie im Zauberwald !
Das Rehorngebirge im östlichen Teil des Riesengebirges mit einer Ausdehnung von 1200 ha liegt abseits von den bekannten Fremdenverkehrszentren.Es birgt noch heute uralte Spuren von vergangenen Zeiten der Goldwäscher und Silbersucher deren Anfänge der Überlieferung nach bis ins 11. Jahrhundert reichen. Daher wird es auch das "goldene" Rehorn genannt.
Ein Lehnsbrief den Ferdinand I. im Jahre 1541 dem Christoph von Gendorf ausstellte und noch viele andere ältere Urkunden bezeichnen die Lage des Rehorngebirges welches sich oberhalb des Dorfes Kunzendorf, Kreis Landeshut bis Trautenaui i. B erstreckt.
Im Jahre 1930 ist es dem Deutschen Riesengebirgsverein, Sitz Hohenelbe
und durch Entgegenkommen des Grundeigentümers und Herrschaftsbesitzers Herrn Hans Georg Kramsta gelungen, beim Staatsdenkmalamt in Prag die Erklärung des Hofelbusches, welcher uralten, sehenswürdigen Buchenbestand aufweist, als Naturschutzgebiet zu erwirken
Ich wählte für meine Tour einen Ausgangspunkt der oberhalb von Schatzlar liegt und früher die Bezeichnung Reusenhöhe trug.
Dort wo sich ein kleiner Militärbunker und eine Säule mit einem Kreuz befindet beginnt unsere Wanderung.
Davor nehmen wir uns jedoch noch die Zeit und statten den zu besichtigenden Bunker- und Festungsanlagen von Stachelberg einen Besuch ab
Die mächtige Artilleriefestung Stachelberg wurde in den Jahren 1937 und 1938 als Bestandteil eines unvollendeten Schutzwalls der damaligen tschechischen Republik erbaut.
Sie sollte der Okupation der Heimat trotzen. Stellte sich aber nur noch als Symbol eines verzweifelten und vergeblichen Versuch dar.
Im Anschluß an die Besichtigung überqueren wir die Strasse die von Trautenau kommend nach Schatzlar führt.
Gleich hinter dem hier befindlichen Waldrastplatz
beginnt ein rot markierter Wanderweg der uns zuerst sanft ansteigend vorbei an der verlassenen Ansiedlung Wernsdorf (Vernerovice) und über blühende Blumenwiesen mit herrlichen Aussichten auf die Umgebung von Schatzlar leitet.
Diese Ansiedlung gehörte einst zum Ort Brettgrund und zählte 15 Gebäude.Nach 1945 wurden die hier lebende sudetendeutsche Bevölkerung zwangsausgesiedelt und die Ortschaft als unnütz abgerissen.Heute verwuchert sie langsam mit Gestrüpp.
Wir verweilen kurz um besser die Gefühle und Einstellungen derjenigen Generation nachzuempfinden die diese Erfahrungen machen mussten.
Auf unserem weiteren Weg der uns nun hinauf zum Steinhübel ( 866 m )führt
gleitet unser Blick nordöstlich nach Schlesien in Richtung Liebauer Tor, ins Quellgebiet der Bober sowie ins Rabengebirge und Waldenburger Gebirge und auf
das hier einst befindliche stattliche Schloss Schatzlar
welches malerisch auf einem mit Laubholz bewaldeten Felsenhügel erbaut wurde und der darunterliegenden Stadt ihren Namen gab.
Tief unten liegt das Land in heller Morgensonne.
Lachende, lichtgrüne Matten, auf denen verstreut die vereinzelten Siedelungen liegen, duftige sanft geschwungene Linien der ferneren Höhenzüge - Alles eint sich zu einem Bilde von packender Schönheit.
Das Grün der Wiesen und Matten vermischt mit dem Blau der Züge und Wälder des Bober - Katzbach - Gebirges und dem Gold des Lichtes.Weit draußen über den Bergketten des Gebirges steht wie ein schmaler Schattenstreifen ein schwacher, grauer Dunst.
Steil geht es nun empor,
vorbei an einem weiteren alten Artilleriebunker. Hier nimmt uns jetzt
kühler Hochwald auf, welcher uns in 1033 m ü. M zur höchsten Erhebung im Rehorngebirge, der waldbedeckten Kuppe des Hofelbusch,
einem Mischurwald, mit knorrigen Laubbäumen - vor allem Buchen - führt.
Wir gehen durch diesen Urwald,dessen Stille nur manchmal von der silbernen Stimme eines Bergbaches durchsungen wird, oder die ein plötzlich aufwachsendes, durch die Wipfel heranfliegendes Rauschen dunkel durchtönt.
Der Waldboden ist mit üppigem Farnkraut bedeckt, dessen herrliche Wedel das Auge entzücken ,üppiges Unterholz wuchert zwischen den Stämmen der dominierenden verrenkten Buchen, Laub malt helle Flecke in das düstere Fichtengrün.
Die bizarren unheimlichen Formen der Bäume die u.a. durch extreme Wetterbedingungen entstanden sind läßt Rübezahl's Nähe spüren der hier irgendwo im Unterholz oder sogar als vorbei fliegender Rabe über diese Natur wacht und den Wanderer beschützt.
Wir verlassen den Hofelbusch, betreten eine Wegekreuzung mit einem Rastplatz (Kutna) und
streben dem nördlichsten Gipfelpunkt des Rehorns,
dem Quetschenstein (1001 m), eine schräg aus der Erde hervorragende zwischen Gesteinsmassen eingezwängte Felsplatte, entgegen.
Rings um den Quetschenstein liegt die Rehornwiese, die insbesondere in ihren sich nach Nord und West abdachenden feuchten Teilen viel dem Hochgebirge angehörende Pflanzenformen beherbert steht die im Jahre 1927 im modernen Stil der sich nach oben absetzenden Stockwerke erbaute Rehornbaude.
Sie hatte 13 Zimmer und ein großes Restaurant. Heute dient dieses Objekt der Riesengebirgs - Nationalverwaltung.
der es als Zentrum für ökologische Erziehung nutzt und einen Imbiss beherbergt.
Hier an dieser der höchsten Stellen (1001 M.ü.M) im nordöstlichsten Teil des Rehorn im Areal des Quetschenstein von wo sich eine weite und anziehende Fernsicht nach Böhmen als auch auf das nahe Gebirge mit der alles überragenden Schneekoppe bietet stand seit dem Jahre 1892 eine Bewirtungsstätte, ursprünglich der Pavillon des Fabrikanten Max Hirsch von der Industrieausstellung in Wien.
Hirsch bot das Objekt nach der Auflösung des Messegeländes dem österreichischen Riesengebirgsverein an obwohl dieser eigendlich kein Interesse daran hatte, im Riesegebirge eigene Hütten aufzubauen.
An einem der felsigen Ausläufer mit einem Panoramablick aufs Riesengebirge wurde sie dann aufgebaut und zu Ehren des Spenders erhielt der Pavillon die Bezeichnung
Maxhütte
Als 1893 die Erlaubnis der Hauptmannschaft in Trautenau für die Bewirtung
erteilt wurde übernahm Jan Tippelt als erster Pächter dieses Objekt, der es von Mai bis Oktober offen hielt. In drei Räumen befanden sich 20 Liegen. Gereicht wurden einfache Erfrischungen aus der Küche.
Sie wurde dann viele Male umgebaut und erweitert und diente
einige Jahre auch als Studentenherberge.
Im Jahre 1946 brannte sie ab und wurde leider abgerissen, es blieb nur der Sockel, der uns nun als Aussichtsplateau dient.
Im Nordwesten geht das Rehorngebirge am Kolbenkamm und Schmiedeberger Kamm in das Riesengebirge und den Landeshuter Kamm über.
Westlich bildet das Tal der Kleinen Aupa (Malá Úpa) und nach deren Einmündung das Tal der Aupa ( Úpa die natürliche Grenze zum Riesengebirge.
Vielseitig und immer wieder neu bietet sich dem Auge das Bild dieses Stückes der Riesengebirgslandschaft
Nachdem wir das Panorama ausgiebig betrachtet haben kehren wir wieder zurück
zur "Kutna",besagter Wegkreuzung mit dem Rastplatz.
Hier halten wir uns nun links, betreten die Hochfläche des Domsenbusches mit den Weiseltbauden und dem Rehornkreuz (1005 m ) und erleben eine einmalige Fernsicht
hinüber zur Schneekoppe,Brunnberg und Schwarzer Koppe.
Vorbei an Schottischen Hochlandrindern die uns freudig begrüßen und die es sich in der herrlichen Bergwelt gutgehen lassen fällt unser Blick auf zwei Berghütten.
Es sind die von den hier einst ursprünglich fünf Anwesen.
Die Lebensbedingungen waren hier so rauh, dass die erste schon im vergangenen Jahrhundert, die zweite im Jahre 1925 und die dritte 1960 verschwand.
Diese auf grünen Wiesenmatten und zum Teil mitten im Walde gelegenen Baudengruppen verliehen der Szenerie des Rehorngebirges eine anmutige Abwechslung und boten vorbeikommenden Wanderern Verpflegung und Unterkunft.
Als ich das letzte Mal diese herrliche Gegend durchstreifte und an dieser Stelle meine Schritte verlangsamte, holte mich ein älterer Mann ( graubärtiger Gebirgler )in Arbeitskleidung ein,
der mich bei der Fülle von landschaftlichen Reizen zu beiden Seiten des Bergrückens auf manche mir entgangene Schönheit aufmerksam machte.
Auch lernte ich von dem schlichten Manne, der verhältnismäßig der deutschen Sprache mächtig war und in der Natur zu lesen verstand, dass in der Bücherei der Mutter Natur der Wald einen überaus lehrreichen Band darstellt. Ich begriff, dass in ihm soviel Wissen und soviel Poesie niedergeschrieben ist, dass jeder, der darin zu lesen versteht, sagen muß:
Der Wald kann die Menschen nicht nur zu tiefer Erbauung anregen, sondern er vermag sie auch über die Niederungen des Alltags zu erheben.
Dem Weg weiter abwärts auf dem Schatzlerrücken erst durch dunklen Tann und dann durch die Wiesen des Ortsteiles Quintental folgend geniessen wir die Aussicht nach Schlesien hinüber in das Quellgebiet des Bober und auch in das Weichelt-und Quintental mit dem Weiseltbach. Hier entfaltet sich die herrliche, überreiche Vegetation an steilen Rasenhängen, die durch eine Menge kleinerer Rinnsale berieselt werden, ihre ewig neuen, unerschöpflichen Reize.
Wenn der leise Windhauch seinen Atem anhält, kann man das Rauschen des Bober hören, der in dunklen Schleifen zwischen Büschen und gelben Feldern fließt. Auch waren hier einst Gold-und Silberbergwerke, deren eingestürtze Schächte vor Jahren noch bemerkbar waren.
Am Vizov-Kreuz, welches einst als Grenzmarkierung diente, gleitet unser Blick rückwärtsgewandt auf die Wiesen mit der Pracht der hier blühenden weissen Küchenschelle, des Narzissen - Windröschen, des Bunten Eisenhutes, der Türkenbundlilie, des Hohen Rittersporns und ganzer Bestände von Schwalbenwurzenzian.
Vorbei am Rasthaus Hubertus,einem ehemaligen Forsthaus welches bis 1945 als Glöcklabaude dem Wanderer Erfrischung anbot, treten wir in den Wald von Schatzlar dem Oberbusch ein,und
folgen einem Fahrweg, auch als Neuer Weg bezeichnet, abwärts bis zum
Weißen Kreuz auf dem Schatzlarkamm. Hier zweigt rechts, fast unscheinbar, gelb markiert der Weg steil ins Weiseltbachtal ab.
Wir entscheiden uns aber für die bequemere Fahrstrasse die inmitten ausgedehnter Fichtenwaldungen am südlichen Hange des Könighainer Pass, der hier die westlichen Sudeten begrenzt und eine weitere faszinierende Aussicht ins Quellgebiet des Bobers und nach Königshain erlaubt, nach Schatzlar führt.
Der hier befindliche prächtige Buchenbestand verleitet uns für einen Moment die Sprache der Bäume, welche sich in dem geheimnisvollen Rauschen offenbart, am deutlichsten wahrnehmen.
Besonders wenn ein gelinder Wind durch das Blätterdach der Baumkronen streicht, ist solche Beobachtung am interessantesten. Das ist da ein lustiges Kopfschütteln, ein Zunicken und Händeschütteln. Die Bäume stehen wie gesprächige Frauen beieinander und schwatzen so lebhaft, dass auch der Wanderer schließlich anhält, um das Geflüster und Getuschel zu belauschen.
Auf dem nun talwärts führenden Wald- und Fahrweg, kommen wir an der wenige Schritte links in einem vom Nadelwald umschlossenen Erlengebüsch gelegenen Boberquelle (864 m) vorbei.
Bevor wir den Marktplatz in Schatzlar erreichen führt der Weg uns noch an dem vom königlichen Oberberghauptmann Christoph von Gendorf, dem seit 1533 auch die Herrschaft Hohenelbe gehörte, errichteten Renaissance-Schloss vorbei.
Von einem vorbeikommenden deutsch-sprechenden Anwohner erfahren wir das das einmal eine Burg gewesen war die erstmals 1334 erwähnt wurde.
Vorbauten die zum Schutze der Grenze des böhmischen Königreiches und der Kontrolle über den hier verlaufenden Handelsweg nach Schlesien dienen sollten wurden bereits um 1130 errichtet.
Nach weiteren Besitzerwechseln gelangten Burg und Herrschaft Schatzlar 1636 an die Wiener Jesuiten. Sie ließen das im Dreißigjährigen Krieg zerstörte Schloss Anfang des 18. Jahrhunderts(1750) erneuern. Während des Bayerischen Erbfolgekriegs wurde das Schloss 1779 von der preußischen Armee beschossen und brannte teilweise ab.
Im 19. Jahrhundert wurde es wieder instand gesetzt. Gegenwärtig ist das Schloss nicht zugänglich.
In Schatzlar einer alten Bergstadt wo Ende des 18.Jh. von Bergleuten aus dem mittelböhmischen Kuttenberg Steinkohlengruben in der Umgebung erschlossen wurden
gelangen wir zum Marktplatz,
der von Holzhäuser mit Laubengängen
und dem um das Jahr 1800 errichtete Rathaus umgeben ist und deren Mittelpunkt
eine Mariensäule ziert die 1725 der Bildhauer Georg Pacák Mariensäule schuf.
Nach einer kurzen Rast gelangen wir talwärts in den Brettgrund und anschließend durch das
Weiselbachtal 2 km aufwärts zu unseren Ausgangspunkt in Stachelberg.