Eine der prächtigsten Gebirgstouren im Rübezahlreich auf der böhmischen Seite ist die Wanderung von Spindelmühle auf dem Weberweg durch den wildromantischen Weißwassergrund zur Wiesenbaude, welche rund drei Stunden beansprucht.

Der Weißwassergrund, ein echtes Hochgebirgstal, gehört zu den größten Schönheiten des Riesengebirges und ist noch berühmter als der gleichfalls sehr romantische Elbgrund.

Eingeschlossen wird er südlich von den steilen und zackigen Wänden des Ziegenrückens (1424 m), nördlich von den dichtbewaldeten Hängen der Kleinen Sturmhaube (1436 m) und des Silberkammes.

Er senkt sich von der Weißen Wiese (1400 m) auf deren sumpfiger Fläche das Weißwasser entquillt und mit stürmischem Lauf zu Tale eilt, nach Westen hinab.

Unterwegs nimmt das Weißwasser das am Silberkamm entspringende Silberwasser, später den Krummseifen und Sturmgraben auf und fließt mit starkem Gefälle zu Tal, wobei es in den wilden urwüchsigen Talgrund zahlreiche fesselnde Wasserstürze bildet, von denen die bedeutendsten "Gefälle" heißen.

Der Touristik erschlossen wurde die Wildnis des Weißwassergrundes, in welcher der ehemalige Grundherr, Graf Czernin - Morzin, im vorigen Jahrhundert aus seinem Alpen-Revier Gastein versuchsweise Gemsen ausgesetzt hatte, im Jahre 1889.
Damals ließ die Gräfin Aloisia Czernin - Morzin den trefflich erbauten Hochgebirgssteig durch den Grund anlegen, der zum Andenken an den ersten Präsidenten des Deutschen Riesengebirgsvereins in Hohenelbe, Canonicus Wenzel Weber, den Namen "Weberweg" erhielt.

Man wandert von Spindelmühle zunächst auf dem Promenadenweg auf der linken Seite der jungen Elbe zur Mädelstegbaude (773 m), bei der man das Weißwasser bei dessen Zusammenfluß mit dem Elbseifen überschreitet, und tritt nun, am rechten Ufer des Weißwassers, in den untersten Teil des Hochgebirgstales, den Mädelgrund, ein, wo das Weißwasser über mächtige Felsplatten dahinfließt.

Bald darauf kommt man zu einem Kreuz am Fuße des Festungsberges (1033 m), wo links der Weg nach den Davidsbauden und der Peterbaude abzweigt.
Wir bleiben im Talgrund und passieren auf einer Brücke das von links hereinkommende Rote Floß, das weiter oben einen lieblichen Wasserfall bildet.

Unser Weg zieht an einem entzückenden Fall des Weißwassers, der mit beryllgrünen tiefen Wasserbecken ein überaus malerisches Bild bietet, vorbei aufwärts zum Weberdenkmal bei der Einmündung des Schwarzen Floßes (2,8 km von Spindelmühle), an dessen linkem Ufer steil hinauf ein Weg über die Leierbauden zur Adolf -und Spindlerbaude hochzieht.

Nun beginnt der eigentliche Weberweg, der am rechten Ufer des Weißwassers fortführt und eine Fülle prächtiger Landschaftsbilder um uns auftut. Allenthalben erfreut sich das Auge an malerischen Felspartien, üppigen Vegetationen, herrlichem Hochgebirgswald und reizenden Wasserstürzen.


Am Eingang in den Grund zwischen dem Roten Floß und dem Sturmgraben befindet sich das sogenannte "Kleine Gefälle", das bei höherem Wasserstande einen fesselnden Anblick bietet.
Der Sturmgraben kommt von links herab; nach einer weiteren halben Stunde mündet ebenfalls von links als kräftiger Wildbach der wilde, aus dem Teufelsgrund stürzende Krummseifen, auch Teufelsgraben genannt.

Gegenüber der Mündung des Seifen befindet sich in 1000 m Höhe die Weißwassergrundbaude, bei der rechts in mäßiger Steigung ein Wirtschaftsweg der sich fast horizontal um das Massiv des Ziegenrückens nach Spindelmühle zieht.

Östlich des Krummseifens, zwischen diesem und dem Silberwasser, bereits an der Grenze der Knieholzregion, hat das Weißwasser sein "Großes Gefälle"; der junge Fluß schäumt hier etwa 14 m tief über seine schiefe Felswand hinab in die "Schwarze Schlucht", in deren Becken das Wasser in schönstem Grün schimmert.


Ringsum befindet sich üppiger Pflanzenwuchs und tiefste Einsamkeit, in der nur das Rauschen des Wassers zu hören ist. Rechts ragt der steile und zackige Kamm des Ziegenrückens empor, der an einzelnen Stellen durch Erdschlüpfe bis auf den Urfelsen seiner schützenden Hülle entkleidet ist; links der mit unzähligen Felstrümmern übersäte Südabhang der Kleinen Sturmhaube.

Der Weg, der inzwischen das Weißwasser überschritten hat, wird schmäler und steiler; allmählich hört der Baumwuchs auf, die Pflanzen werden kleiner und das Weißwasser, das hier durch mehrere Sperren der Wildbachverbauung in seinem Lauf gehemmt wird, verliert mehr und mehr seine malerische Schönheit und wird zu einem wilden Geröllbett.

Von Norden bricht aus einer Schlucht das Silberwasser hervor und mündet als "Siebenter Grund". Die Felsen sind an vielen Stellen durch Lawinen bloßgelegt, während der Talgrund sich mehr und mehr weitet und zu einem breiten Hochtal verflacht.

Es kommen Stellen, an denen wir fast eben dahinschreiten könne. Nach rechts zweigt der Weg zur Rennerbaude (1400 m) ab, die hoch über uns herabschaut. Weiterhin geht das Hochtal über in die sumpfige, hier und da mit Knieholz bestandene Hochebene der Weißen Wiese, wo rechts der Brunnberg mit dem Hochwiesenberg (1555 m) und dem Steinboden (1560 m) aufragt.


Bald gelangen wir zu der großen weithin sichtbaren Wiesenbaude (1410 m), die frei auf der weiten Hochfläche der Weißen Wiese an dem hier noch sehr kleinen Weißwasser liegt, das etwa 100 Schritte weiter östlich hervorquillt.

Im Dreißigjährigen Krieg gegründet, ist die Wiesenbaude die älteste und berühmteste Kammbaude des Riesengebirges. Ein der Grundmauer der Baude eingesetzter Baustein trägt die Jahreszahl 1623. Sie entwickelte sich von einem einsamen Hochgebirgsgehöft, dessen Bewohner Viehwirtschaft betrieben und nebenbei Fremden Aufnahme und eine bescheidene Bewirtung boten, zu einem Hauptverkehrspunkt der Riesengebirgsreisenden und war später namentlich ein Hauptquartier der Botaniker.

Von ihren früheren Besitzern war der Baudenwirt Hering ein genauer Kenner des ganzen Gebirges, der gern über Weg und Steg den Wanderern sichere Auskunft gab. Ein anderer Besitzer der Baude, Jakob Renner kam am 11. April 1868 durch Schneesturm am Brunnenberg ums Leben.

Nach der letzten Jahrhundertwende wurde die Wiesenbaude unter den Gebrüdern Bönsch zu einem großen Berghotel erweitert. Sie besaß zuletzt Zentralheizung, 90 Zimmer mit 200 Betten, Matratzenlager für Schulen und Vereine, Jugendherberge und eine Blinkfeueranlage.


Zu ihrer Einrichtung gehörte u. a. eine sehenswerte Sammlung ausgestopfter Vögel und ein interessantes botanisches Album. Wegen der günstigen Lage und der guten Schneeverhältnisse war sie ein Sammelpunkt der Skiläufer und hatte stets Skilehrer im Hause.

Kurz vor dem Anschluß des Sudetenlandes an das Reich wurde die Wiesenbaude im September 1938 von tschechischen Soldaten niedergebrannt, jedoch noch während des Krieges wieder aufgebaut.